…sind wir in Köln, wo ein mittelalter Verlegersohn erfährt, dass sein Vater einen Herzinfarkt hatte. Allerdings nicht zuhause, sondern in einem Luxushotel, wo er anscheinend schon länger eine Suite gemietet hatte. Was sein Vater sonst noch so im Geheimen trieb und wie sich das auf das Leben des Sohns auswirkt, erzählt dieses Buch, was mir bis jetzt von Ortheil am besten gefallen hat. Es verbreitet, obwohl es von 2005 ist, ein sehr eigentümliches Bundesrepublik-Gefühl; man hat die ganze Zeit das Gefühl, das Ding müsste in Bonn spielen, so altmodisch und vertraut kommen mir die Personen und Rituale vor, so traditionell die Lebensentwürfe und Erwartungen. Aber dann passieren eben Dinge, die andere in Bewegung setzen, und auf einmal wacht man aus diesem beruhigenden und gleichzeitig erstickenden Alltag auf. Von diesem Buch habe ich sehr schwer Abschied genommen, weil ich bis zur letzten Seite gedacht habe, he, du kannst doch jetzt nicht aufhören! Diese Figuren gehören doch jetzt zu mir, nimm sie mir nicht weg. (Und außerdem war das Ende ein bisschen sehr hopplahopp. Aber Ortheil verzeihe ich gerade alles.) via Anke Gröner
Bestens unterhalten hat sich Anne Kraume bei der Lektüre von Hanns-Josef Ortheil Verlagsroman "Die geheimen Stunden der Nacht". Sie attestiert dem Autor, der mit Imma Klemm, der Chefin des Stuttgarter Kröner-Verlags verheiratet ist, intime Kenntnisse des Verlagswesens, und so verwundert es nicht weiter, dass der Roman alles bietet, was den Literaturbetrieb ausmacht - Lektorenkonferenzen und Agentinnen mit Netzstrümpfen, Herbstprogramme und die Termine der nahenden Buchmesse. Kraume merkt an, dass Kenner der Branche keine Schwierigkeiten haben werden, in den detailversessenen Charakterbildern Ortheils einige der prominentesten Vertreter der Branche "enttarnen" zu können. Der alte Reinhard von Heuken etwa erinnere an den alten Siegfried Unseld, der Starautor des Verlags, Wilhelm Hanggartner, an Martin Walser. Kraume hebt aber auch hervor, dass der Roman bei allen "kenntnisreichen und leicht wehmütig-ironischen Schilderungen der Verlagswelt" mehr ist als eine "augenzwinkernde Verständigung unter Eingeweihten", nämlich ein "kaschierter Initiationsroman", in dem der Sohn des Großverlegers und Patriarchen Reinhard von Heuken nach dessen zweiten Herzinfarkt endlich die Möglichkeit erhält, aus dem Schatten des übermächtigen Vaters zu treten. Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung via Perlentaucher
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Erster Satz
Georg von Heuken verläßt sein Haus kurz nach neun, es ist ein herbstlicher Montag, Wochenbeginn also, einer dieser Tage, an denen es auf seine Anwesenheit ankommt, mittags gegen zwölf zum Beispiel während der großen Konferenz mit den Lektoren des Verlages, den von Heuken seit erst zwei Jahren leitet.
Georg von Heuken verläßt sein Haus kurz nach neun, es ist ein herbstlicher Montag, Wochenbeginn also, einer dieser Tage, an denen es auf seine Anwesenheit ankommt, mittags gegen zwölf zum Beispiel während der großen Konferenz mit den Lektoren des Verlages, den von Heuken seit erst zwei Jahren leitet.
Schöne Sätze
- ...in San Francisco hat er als junger Buchhändler einmal einen Kurs in Katastrophen-Training besucht, wie reagiere ich auf plötzliche, unerwartete Ereignisse, ..., auf alles, was den Lebensfaden mit einem einzigen Hieb zerteilt, so daß er sich vielleicht jahrelang nicht neu knüpfen läßt.
- ..., diesen ganzen Aufruhr des Körpers mit seinen hintersinnigen, minimalen Zeichen, die sich bald von außen nach innen verlagern, ...
- Seltsam, diese stabilen Lebenskreise, denkt er ...
- ..., man muß die überhitzten Emotionen striegeln wie Pferde nach einem Ausritt, man muß sie abkühlen lassen und langsam durch das Nadelör ind die Boxen schleusen, ...
- Der breite, schon etwas zerlaufene Typ trägt einen Blazer in Dunkelblau mit den obligatorischen Goldknöpfen ...
- Einen Großteil seines fast unfehlbaren Instinktes bezieht er aus der Zeitungslektüre, im Grunde ist er der ideale Zeitungsleser, ..., mit dem er seinen Riecher nach Tendenzen und Trends füttert, ...
- ... und stärker wird der Vater-Geruch, als er die Tür öffnet, ist das volle Aroma da, eine Wolke des alten Nachkriegsdufts 4711, eine ganze Türkis-Batterie von Flaschen und Dosen ... alles in diesem überholt-pompösen Türkis-Gold, Pa läßt nur diese Traditionsmarke an sich heran, ... und hüllt den Körper in den immer gleichen Duft von Echt Kölnisch Wasser, den er selbst noch in seine Taschentücher verspritzt.
- ... und vor allem hat er oft genug dafür gesorgt, daß das Leben sich in etwas Leichtes und Schwebendes verwandelte ...
- In schlimmen Zeiten erinnert man sich anscheinend an solche Momente großer Vertrautheit ...
Letzter Satz
Als das Fährboot anlegt, hat er das Gespräch gerade beendet und im alten Torcello nahe Venedig für die Woche nach der Buchmesse eine Suite reserviert.
Als das Fährboot anlegt, hat er das Gespräch gerade beendet und im alten Torcello nahe Venedig für die Woche nach der Buchmesse eine Suite reserviert.
((_,»*¯**¯*«,_)) ((_,»*¯**¯*«,_))
Sub Rosa Anstecker
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Wir reichen heute Kölsch
((_,»*¯**¯*«,_)) ((_,»*¯**¯*«,_))
Kölsch
((_,»*¯**¯*«,_)) ((_,»*¯**¯*«,_))
Kölsch
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Prost! Bis nächsten Freitag im Belletri-stick Salon...
Dies Buch habe ich bereits 2x begeistert gelesen & mich heute nochmal begeistert für Eure wunderbar ausgesuchten "schönen Sätze". Danke!!!
AntwortenLöschenund Prost!!! Sub Rosa: Ich liebe auch Kölsch ♥! & passt so gut zum Buch!
Die Rosen sind ja zum Verlieben schön!
AntwortenLöschenOrtheil klingt nach Heimat, muss ich unbedingt lesen, danke für den Tipp!
AntwortenLöschen..., diesen ganzen Aufruhr des Körpers mit seinen hintersinnigen, minimalen Zeichen...
AntwortenLöschenwenn man die doch bloß mal früher erkennen würde!